Dienstag, 10. April 2012

Debatte um Grass - Gedicht

Ostermarsch Frankfurt 2012Den Grass-Rummel der letzten Tage zum Anlass genommen, habe ich sein Gedicht gelesen. So wie ich es laienhaft beurteilen kann, ist das keine literarische Glanzleistung, aber ich hatte schon seit Conrad Ferdinand Meier so meine Schwierigkeiten mit dieser Form von Gedichten. Der Inhalt seiner Schrift aber hat mich doch nachdenklich werden lassen.



Wenn Grass von dem behaupteten Recht auf den Erstschlag schreibt, dann ist damit die
„Begin -Doktrin“ angesprochen, aus der dieses Recht abgeleitet wird. Entstanden ist sie nach dem 7. Juni 1981, als die israelische Luftwaffe den irakischen Atomreaktor Osirak zerstörte. Damals meinte Ministerpräsident Menachem Begin nahezu beschwörend: "Wenn der nukleare Reaktor nicht zerstört worden wäre, hätte es noch einmal einen Holocaust in der Geschichte des israelischen Volkes gegeben. Es wird aber nie mehr einen Holocaust geben. Niemals wieder! Niemals wieder!"
Das offizielle Statement der israelischen Regierung fiel zwar weniger dramatisch aus, war in der Sache jedoch noch deutlicher: "Wir werden unter keinen Umständen zulassen, dass ein Feind Massenvernichtungswaffen entwickelt, die gegen die israelische Bevölkerung eingesetzt werden könnten." 

Und noch einmal wurde nach dieser Doktrin gehandelt, denn am 6. September 2007 zerstörten israelische Jagdbomber im syrischen Dir al Sur eine Anlage zur Produktion von waffenfähigem Plutonium.
Das Recht auf Selbstverteidigung ist jedem Volk gegeben und dass Israel extrem empfindlich auf Bedrohungen reagiert, ist aufgrund der jüdischen Geschichte mehr als verständlich. Aber Israelis sind auch nur Menschen, die nervös werden und Fehler machen können. Ist es da von der Hand zu weisen, dass die besagte Doktrin nicht auch ein drittes Mal angewendet wird? Und ist es nicht verständlich, dass da Angst aufsteigen kann? Wer sich noch an die Zeiten des kalten Krieges erinnert, kennt die Angst vor einem Atomkrieg.

Was würde denn passieren, sollte es zu einem solchen Präventivschlag kommen? Anders als Grass, der in seinem Gedicht an manchen Stellen, wenn er von der Auslöschung des iranischen Volkes, der Gefährdung des Weltfriedens ausgerechnet durch Israel oder dem weiteren von Deutschland zu liefernden U-Boot mit seiner allesvernichtenden Bewaffnung schreibt, den Bogen geradezu unerträglich überspannt, glaube ich, dass Israel keine Atomwaffen einsetzen würde. Aber es verfügt über bunkerbrechende Bomben, mit denen z. B. der Atomreaktor Buchehr zerstört werden könnte. Was Atomkraft anrichtet, haben die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima eindrucksvoll gezeigt. Und Schlimmeres würde bei einer Explosion des Reaktor Buchehr geschehen. Ein riesiges und nicht nur iranisches Gebiet würde durch radioaktiven Fallout verseucht, tausende Menschen würden sofort sterben, hunderttausend weitere an Krebs erkranken und später jämmerlich zugrunde gehen. Aber auch Israel würde unter den iranischen Vergeltungsschlägen und Hisbollah-Raketen empfindlich leiden müssen.

Vielleicht hätte Grass auf der Klaviatur der deutschen Sprache mildere Töne anschlagen sollen, ich weiß es nicht! Ich habe die Angst um den Nahen Osten gehört. Ist man deswegen Antisemit?
Ihm wegen dieser Angst und weil er als 17-Jähriger für ein knappes halbes Jahr eine SS-Uniform tragen musste (er wurde zur SS gezogen) antisemitisches Denken zu unterstellen, ist, so finde ich, einfach nur geschmacklos.

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