Donnerstag, 29. November 2012

Armutsbericht Deutschland 2012

Wie man auf «www.süddeutsche.de» nachlesen kann, hat die Tigerenten-Regierung ihren Armutsbericht in der zweiten Fassung bewusst geschönt und einige kritische Passagen, die nicht „der Meinung der Bundesregierung" entsprechen, gestrichen. Konnte man im Entwurf noch lesen, dass die Privatvermögen in Deutschland sehr ungleich verteilt seien, fehlt diese wichtige Erkenntnis der Arbeitsministerin in der überarbeiteten Fassung gänzlich. 

Auch die Aussagen über die Lohnentwicklung wurden überarbeitet. "Während die Lohnentwicklung im oberen Bereich positiv steigend war, sind die unteren Löhne in den vergangenen zehn Jahren preisbereinigt gesunken. Die Einkommensspreizung hat zugenommen" stand in der ersten Fassung und – das ist jetzt besonders wichtig – diese Einkommensspreizung verletze "das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung" und könne deshalb, "den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden."
Frau von der Leyen weiß gar nicht, wie Recht sie damit hat. 

Doch ihr Kabinettskollege Philipp Rösler hatte verlauten lassen, dass dieser Bericht nicht "der Meinung der Bundesregierung" entspreche. Oder sollte man besser sagen, nicht der Meinung der FDP? Denn genau die – und somit auch ihre Klientel – stört es, wenn man der Realität ins Auge blickt und ehrlich feststellt, dass die gesellschaftliche Kluft immer breiter wird.
Und so heißt es nun, dass sinkende Reallöhne "Ausdruck struktureller Verbesserungen" am Arbeitsmarkt seien. Verbesserungen deshalb, weil zwischen 2007 und 2011 durch die Schaffung vieler neuer Vollzeitjobs im unteren Lohnbereich auch viele Erwerbslose wieder Arbeit bekommen hätten.
Dass es sich hierbei allerdings um das Niedrigstlohnsegment handelt, wird geflissentlich verschwiegen, denn der Satz "Allerdings arbeiteten im Jahr 2010 in Deutschland knapp über vier Mio. Menschen für einen Bruttostundenlohn von unter sieben Euro" wurde ersatzlos gestrichen.
Und dass viele dieser Arbeitnehmer – insbesondere Alleinstehende – kein angemessenes Auskommen mit dem Einkommen haben, wird durch die neue Formulierung verniedlicht. In der ersten Fassung war noch zu lesen, dass dieser Umstand die Armutsrisiken verschärfe und den sozialen Zusammenhalt schwäche. Jetzt heißt es nur noch, dass dies "kritisch zu sehen" sei. In meinen Augen ist das alles nichts anderes als Schönfärberei.
So sieht es auch Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführers des Paritätischen Wohlfahrts- verbands:
Es ist in entscheidenden Teilen eine Schönfärberei, von der man sagen muss, die Bevölkerung wird tatsächlich hinters Licht geführt.“

Ist das wirklich so? Das FDP-geführte Wirtschaftsministerium sieht das selbstverständlich ganz anders. So sagt Ann-Christin Wiegemann, Sprecherin eben dieses Ministeriums, hinsichtlich der Änderungen in Sachen Einkommensverteilung in einer Pressekonferenz, dass eine Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung hier zu anderen Ergebnissen als der Armutsbericht kommt.
Ich hab ihnen die Fakten genannt. Die Ungleichheit in der Verteilung der Einkommen hat abgenommen und das begrüßen wir. Und auch Herr Rösler begrüßt, des es abgenommen hat.“


So,so, Herr Rösler begrüßt das. Sagen wir mal lieber, er begrüßt vielmehr die Vermeidung unangenehmer Berichte im Vorwahlkampf.
Deutschland geht es zur Zeit so gut wie nie zuvor in seiner Geschichte, meint der realitätsfremde Wirtschaftslaie Rösler im ZDF-Morgenmagazin und verteidigt den aufgrund einer gemeinsamen Beschlussfassung der Bundesregierung geänderten Bericht.

"Und wenn man dann Passagen drin hat, die den Eindruck vermitteln, es würde den Menschen schlecht gehen, wir hätten soziale Unruhen, was auch immer, dann würde das der falscheEindruck sein. Und deshalb habe ich gesagt, wir müssen die Wirklichkeit schon abbilden."

Auf welchem Planeten lebt dieser offensichtlich wahrnehmungsgestörte Mensch eigentlich, der nicht zur Kenntnis nehmen will (oder darf?), dass sich über die Hälfte des Netto- vermögens aller privaten Haushalte in Höhe von rund 10 Billionen Euro im Besitz von 10% der reichsten Haushalte der Republik befindet.



Was soll man dazu noch sagen? Vielleicht „Tschüss ihr Tigerenten!“

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